Ich will mich jetzt nicht lange rühmen, dass ich dieses Blog gegen die Zocker und Abzockerei bereits letztes Jahr eröffnet habe. Scheinbar ist die Wut der Leute gegen die Abzockerei ein breiteres Phänomen, das über den Wiener Markt weit hinausgeht. So hat sich in einer beinahe symbolhaften Volksabstimmung das Schweizer Volk mit einer überwältigenden Mehrheit von 68 Prozent für mehr Rechte der Aktionäre bei börsennotierten Gesellschaften ausgesprochen und dafür, dass diese Mitspracherechte bei der Vergütung von Vorständen und Verwaltungsräten haben.
\”Jetzt sind die Wutbürger auch in der Schweiz angekommen. Dort dürfen sie allerdings nicht nur protestieren, sondern tatsächlich entscheiden\”, schreibt die Süddeutsche Zeitung (SZ). Der Wutbürger sei ein \”europaweites Phänomen, und er jagt etablierten Politikern Angst und Schrecken ein, ob in Berlin, Barcelona, Bordeaux oder Bologna – er agitiert, er protestiert, er demonstriert\”. Doch könne er nur wenig bewegen und schmore \”im Saft seines ohnmächtigen Zorns\”. Tatsächlich wurde trotz dem Widerstand von Wirtschaft und Politik im Wege der direkten Demokratie das wahrscheinlich härteste Aktiengesetz der Welt geschaffen.
Aktionäre legen in Zukunft auf den jährlichen Generalversammlungen die Summe der Vergütungen von Geschäftsleitung und Verwaltungsrat fest. Abgangsentschädigungen wie bei Friedrich Scheck oder Günther Kerbler sind ebenso verboten wie Antrittsgelder zur Gewinnung von Führungskräften und ähnliche Sonderleistungen. Verstöße gegen die neuen Bestimmungen werden mit Haft bis zu drei Jahren und Geldstrafen bedroht, die bis zu sechs Jahresvergütungen erreichen können.
Die Aktionäre anderer Länder können den Schweizern nur neidlos zusehen. Der SPIEGEL Online schreibt anlässlich der Volksabstimmung, dass auch die Wut der deutschen Bürger auf die gesellschaftszersetzenden Auswirkungen des ungezügelten Kapitalismus und die Unfähigkeit und Unwilligkeit der Politik dagegen einzuschreiten, groß ist.
Der Rest der Welt darf neidvoll zusehen. In der Schweiz sind ab sofort die Gebarungen von Leuten wie Günter Kerbler oder Friedrich Scheck verboten. Es ist hoch an der Zeit, sich auch am Wiener Finanzplatz zumindest um die Einhaltung der bestehenden Rechtsnormen ordentlich anzunehmen und mit dem Wegschauen aufzuhören.